Am 23. Mai 1949 trat das Grundgesetz in Kraft. Zum 70. Jubiläum und damit zum Gründungstag der Bundesrepublik Deutschland erklärt der Landesvorsitzende der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung (OMV) der CDU Nordrhein-Westfalen Heiko Hendriks:
Was nur ein Provisorium sein sollte, feiert heute seinen 70. Geburtstag: Das Grundgesetz als Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland. Dass dieses Provisorium so lange überdauert und selbst nach der deutschen Wiedervereinigung seinen Namen behalten hat, zeugt einerseits von dem Weitblick seiner Mütter und Väter und andererseits von ihrer Fähigkeit, bei aller Regelungsnotwendigkeit genügend Raum zur Fortentwicklung zu belassen. Dies war eine entscheidende Leistung, zu der auch namhafte Persönlichkeiten aus den damaligen deutschen Ostgebieten beigetragen haben.
Darunter waren auch zwei Persönlichkeiten aus der nordrhein-westfälischen Partnerregion Oberschlesien. Der Sozialdemokrat Willibald Mücke (*28.08.1904 in Buchenhöh, Landkreis Groß Strehlitz) ging bei seiner Arbeit im Parlamentarischen Rat von einer Schicksalsgemeinschaft aller Deutschen aus und setzte sich stark dafür ein, dem Bund eine umfassende Gesetzgebung im Bereich der Vertriebenen und Flüchtlinge zu geben. Auf ihn geht auch die in Art. 3 Abs. III GG enthaltene Wendung zurück, dass niemand „wegen seiner Heimat und Herkunft“ benachteiligt werden darf. Sein oberschlesischer Landsmann und späterer Vizekanzler Hans-Christoph Seebohm (*04.08.1903 in Emanuelssegen, Landkreis Pleß) entwickelte schon damals gedanklich, aufbauend auf der Idee des Föderalismus, den verfassungsrechtlichen Auftrag zur Errichtung eines europäischen Staatenbundes. Für ihn war nicht mehr die Verschiebung der Grenzen, sondern deren Aufhebung das Ziel. Damit skizzierte der Christdemokrat schon damals eine Vision von einem geeinten Europa.
Wenn wir den 70. Geburtstag unserer Bundesrepublik feiern, möchten wir als OMV der CDU Nordrhein-Westfalen die Gelegenheit nutzen, an die deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge zu erinnern und ihnen herzlich zu danken. Schon kurze Zeit nach den traumatischen Erfahrungen von Flucht, Vertreibung und Heimatverlust haben sie den Blick nach vorne gerichtet. Sie haben nicht nur beim Wiederaufbau unseres zerrütteten Landes mitgeholfen, sondern Weitsicht bewiesen. Nach ihren schrecklichen Erfahrungen erkannten sie schnell, dass der Weg aus den durch Nationalismen entstandenen Konflikten und Kriegen der vergangenen Jahrhunderte hin zur Aussöhnung der Völker nur durch ein vereintes Europa führt.
Was damals nur eine Vision und Sehnsucht Vieler war, hat Helmut Kohl, wie kaum ein anderer Politiker, gemeinsam mit unseren Nachbarn zur Realität werden lassen: Die Europäische Union. Auch heute brauchen wir die Weitsicht der Leute von damals. Wenn am 26. Mai 2019 die Europäer ihre politischen Vertreter in Brüssel und Straßburg neu wählen, sollten sie stets auch daran denken, dass es darum geht, das Erbe dieser Menschen und das europäische Friedensprojekt gegen diejenigen Kräfte zu verteidigen, die nur ins Parlament aufbegehren, um unser Europa zu zerstören.
Hintergrund:
Im Juni 1948 überreichten daher die Westalliierten den westdeutschen Ministerpräsidenten die „Londoner Empfehlungen“. Damit waren die Weichen für einen westdeutschen Teilstaat gestellt. Am 1. September 1948 traten in Bonn 65 Frauen und Männer zum „Parlamentarischen Rat“ zusammen um das Grundgesetz zu erarbeiten. Aus den deutschen Ostprovinzen, die nach 1945 unter polnische Verwaltung gestellt wurden, waren zwei Oberschlesier dabei.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat 1964 eine Patenschaft über die Landsmannschaft der Oberschlesier und die in der Bundesrepublik lebenden Oberschlesien übernommen. Zusätzlich besteht seit 2000 eine Partnerschaft mit der oberschlesischen Woiwodschaft Schlesien.
Insgesamt stammten sieben Mitglieder des Parlamentarischen Rates aus den deutschen Ostprovinzen:
1. Gerhard Kroll (Breslau, Niederschlesien)
2. Hermann Runge (Konradsthal, Niederschlesien)
3. Paul Löbe (Liegnitz, Niederschlesien)
4. Willibald Mücke (Buchenhöh/Groß Strehlitz, Oberschlesien)
5. Hans-Christophn Seebohm (Emanuelssegen/Pleß, Oberschlesien)
6. Rudolf Katz (Falkenburg, Pommern)
7. Max Reimann (Elbing, Westpreußen)